Erkältungen zählen zu den häufigsten Infektionen weltweit und beeinträchtigen jedes Jahr Millionen von Menschen – körperlich wie beruflich. Während viele gängige Mittel nur die Symptome bekämpfen, rückt ein altbekannter Mikronährstoff verstärkt in den Fokus der Forschung: Zink. Es soll nicht nur das Immunsystem stärken, sondern auch die Krankheitsdauer aktiv verkürzen können.
Was haben wissenschaftliche Studien herausgefunden?
Die Rolle von Zink im Immunsystem
Zink ist ein essentielles Spurenelement, das eine zentrale Rolle im menschlichen Immunsystem spielt. Es unterstützt die Funktion von Immunzellen, wirkt antioxidativ und ist an zahlreichen enzymatischen Prozessen beteiligt.
Insgesamt ist Zink an über 300 enzymatischen Reaktionen im Körper beteiligt und beeinflusst praktisch alle Aspekte der Immunabwehr – von der Barrierefunktion der Haut über die Entwicklung und Funktion von T-Lymphozyten bis hin zur Regulation von Entzündungsreaktionen. [1] Zink wirkt zusätzlich antioxidativ, indem es die Aktivität von Enzymen wie Superoxid-Dismutase (SOD) unterstützt, die ihrerseits freie Radikale neutralisieren und so Zellschäden verhindern. [2]
Studien zeigen, dass bei Zinkmangel insbesondere die Aktivität von natürlichen Killerzellen (NK-Zellen), Makrophagen und neutrophilen Granulozyten reduziert ist – allesamt Akteure der Immunabwehr. [3] Auch die Bildung und Reifung von T-Zellen im Thymus ist stark zinkabhängig, was erklärt, warum Zinkmangel mit einer erhöhten Infektanfälligkeit und einer gestörten Entzündungsregulation assoziiert ist. [4]
Neben der Regulation von Entzündungsreaktionen reguliert Zink die Zytokin-vermittelte Kommunikation zwischen Immunzellen. Zytokine sind Botenstoffe des Immunsystems, die Signale zwischen Zellen übermitteln. Zink hemmt die übermäßige Produktion von proinflammatorischen Zytokinen wie TNF-α und IL-1β und fördert gleichzeitig die Bildung von antiinflammatorischen Zytokinen wie IL-10, wodurch es ausgleichend auf das Entzündungsgeschehen wirkt [5].
Diese Eigenschaften machen Zink besonders relevant bei Infektionen der oberen Atemwege, da hier eine übermäßige Immunantwort mehr Schaden anrichten kann als die Infektion selbst.
Wie äußert sich ein Zinkmangel?
Ein Zinkmangel führt zu einer erhöhten Anfälligkeit für bakterielle und virale Infektionen, da sowohl die angeborene als auch die adaptive Immunantwort beeinträchtigt werden. Der Mangel kann sich durch eine Vielzahl unspezifischer Symptome äußern: häufige Infekte, verzögerte Wundheilung, Hautprobleme, Haarausfall, Geschmacksstörungen, Müdigkeit und verminderte Leistungsfähigkeit.
Risikogruppen für einen Zinkmangel sind insbesondere Schwangere und Stillende aufgrund des erhöhten Bedarfs, ältere Menschen aufgrund verminderter Aufnahme und chronischer Erkrankungen, Menschen mit gastrointestinalen Störungen wie Morbus Crohn oder Zöliakie sowie Vegetarier und Veganer, da pflanzliche Phytate die Zinkaufnahme hemmen können. [6,7]
Auch starker körperlicher oder psychischer Stress, regelmäßiger Alkoholkonsum, starkes Schwitzen sowie Infektionen können den Zinkbedarf deutlich erhöhen. [8]
Wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit von Zink bei Erkältungen
Angesichts der zentralen Rolle von Zink im Immunsystem liegt der Verdacht nahe, dass eine gezielte Supplementierung nicht nur einem Mangel vorbeugen, sondern auch akute Infektionen wie Erkältungen positiv beeinflussen kann. Insbesondere bei viralen Atemwegsinfektionen könnte Zink durch seine immunmodulierenden und entzündungshemmenden Eigenschaften den Krankheitsverlauf verkürzen oder abmildern.
Metaanalyse von Hunter et al. 2021
Eine Metaanalyse von Hunter et al. aus dem Jahr 2021 untersuchte insgesamt 28 randomisierte kontrollierte Studien mit 5.446 erwachsenen Teilnehmern, um die Wirksamkeit von Zink bei der Vorbeugung und Behandlung akuter viraler Atemwegserkrankungen – darunter auch Erkältungen – zu analysieren. Die Ergebnisse dieser umfassenden Untersuchung zeigen eindeutig, dass Zink die Dauer einer Erkältung signifikant verkürzen kann – in einigen Fällen um bis zu zwei Tage im Vergleich zur Kontrollgruppe. [10]
Besonders effektiv zeigte sich die frühzeitige Einnahme: Personen, die innerhalb der ersten 24 Stunden nach Auftreten der Symptome mit der Einnahme begannen, profitierten von einer merklich schnelleren Genesung. Darüber hinaus wurde auch eine Linderung der Intensität der Symptome beobachtet – dazu zählten u. a. Halsschmerzen, verstopfte Nase, Husten und allgemeines Krankheitsgefühl. In der Analyse wurden verschiedene Zinkformen untersucht, darunter Zinkacetat, Zinkgluconat und Zinksulfat – sowohl als Lutschtabletten, Nasensprays als auch in oraler Form. [10]
Cochrane-Review 2024
Ein weiterer bedeutender Beleg für den potenziellen Nutzen von Zink bei Erkältungen stammt aus einem aktuellen Cochrane-Review aus dem Jahr 2024, der 34 randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt 8.526 Teilnehmern analysierte. Ziel der Untersuchung war es, die Wirksamkeit von Zink bei der Vorbeugung und Behandlung von Erkältungskrankheiten umfassend zu bewerten. [9]
Die Auswertung ergab, dass die Einnahme von Zinkpräparaten bei bereits bestehenden Erkältungen die Krankheitsdauer im Durchschnitt um etwa zwei Tage verkürzen kann. Dieser Effekt war besonders dann ausgeprägt, wenn Zink frühzeitig eingenommen wurde. Darüber hinaus berichteten viele Teilnehmer über eine schnellere Symptomlinderung, darunter weniger starke Halsschmerzen, Husten und allgemeines Unwohlsein. [9]
Weitere Studien
Eine Metaanalyse von Hemilä und Chalker untersuchte die Wirkung von hochdosierten Zinkacetat-Lutschtabletten und stellte fest, dass diese die Dauer von Erkältungssymptomen wie Husten, Halsschmerzen und verstopfter Nase um bis zu 42 % reduzieren können. Die Autoren betonten jedoch, dass die Wirksamkeit stark von der verwendeten Zinkverbindung und der Dosierung abhängt. [11]
Eine systematische Übersichtsarbeit von Wang et al. analysierte 20 randomisierte kontrollierte Studien und fand heraus, dass Zink-Supplementierung die Dauer einer Erkältung ebenfalls signifikant verkürzen kann – im Durchschnitt um etwa 2,25 Tage. [12]
Dosierung und Einnahmeempfehlungen
Die optimale Dosierung von Zink zur Unterstützung des Immunsystems und zur Verkürzung der Erkältungsdauer hängt von verschiedenen Faktoren wie Alter, Geschlecht, Ernährungsweise und Gesundheitszustand ab. Für Erwachsene empfiehlt die DGE eine tägliche Zufuhr von etwa 7-10 mg Zink für Frauen und 11-16 mg für Männer. Die Resorption von Zink wird bei Erwachsenen durch den Phytatgehalt der Nahrung beeinflusst. [13]
Für eine optimale Aufnahme sollte Zink auf nüchternen Magen oder mit wenig Abstand zu den Mahlzeiten eingenommen werden, da bestimmte Nahrungsbestandteile wie Phytate (z. B. in Vollkornprodukten oder Hülsenfrüchten) die Bioverfügbarkeit von Zink hemmen können. Diese Phytate binden Zink im Magen-Darm-Trakt, so dass es vom Körper nicht mehr aufgenommen werden kann. Entsprechend ist die tägliche Zinkzufuhr abhängig von der Phytatzufuhr. [13]
Wer Zink supplementieren möchte, sollte auf qualitativ hochwertige Präparate mit transparenter Deklaration und geprüfter Reinheit achten. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, eine medizinische Fachperson zu konsultieren.
Nebenwirkungen und Vorsichtsmaßnahmen
Zinkpräparate gelten in therapeutisch empfohlener Dosierung als sicher und gut verträglich. Dennoch können bei empfindlichen Personen oder höheren Einnahmemengen unerwünschte Wirkungen auftreten. Zu den häufigsten akuten Nebenwirkungen zählen gastrointestinale Beschwerden wie Übelkeit, Bauchschmerzen, Magenkrämpfe, Durchfall und ein metallischer Geschmack im Mund. Diese Symptome treten insbesondere dann auf, wenn Zink auf nüchternen Magen eingenommen wird – eine Einnahme mit oder nach einer Mahlzeit kann das Risiko deutlich verringern. [14,15]
Bei einer langfristigen hochdosierten Einnahme von Zink (z. B. über 25 mg/Tag) kann es zu einer Störung des Mineralstoffhaushalts kommen. Besonders kritisch ist die Beeinträchtigung der Kupferresorption, da Zink und Kupfer im Darm um denselben Transportweg konkurrieren. Ein chronischer Kupfermangel kann in der Folge zu hämatologischen Veränderungen (z. B. Anämie), einer reduzierten Immunfunktion und neurologischen Symptomen führen [16,17]. Auch eine verminderte Eisenaufnahme sowie Veränderungen im Fettstoffwechsel und im HDL-Cholesterin-Spiegel wurden in Studien im Zusammenhang mit langfristiger Zinküberdosierung beschrieben. [18,19]
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) empfiehlt daher, eine tägliche Gesamtdosis von 25 mg Zink aus allen Quellen (inklusive Nahrung und Supplementen) nicht dauerhaft zu überschreiten, um gesundheitliche Risiken zu vermeiden. [20]
Fazit
Zink hat sich in zahlreichen Studien als wirksamer Unterstützer des Immunsystems erwiesen – insbesondere im Zusammenhang mit der Verkürzung von Erkältungskrankheiten. Während viele gängige Mittel lediglich Symptome lindern, kann Zink, richtig dosiert und frühzeitig eingenommen, die Krankheitsdauer nachweislich reduzieren. Die positive Wirkung beruht dabei auf mehreren biologischen Mechanismen: Zink stärkt die Immunzellfunktion, wirkt antioxidativ und hilft, entzündliche Prozesse zu regulieren.
Zink ist ein wissenschaftlich gut untersuchter Mikronährstoff, dessen gezielter Einsatz bei Erkältungen sinnvoll sein kann. Voraussetzung dafür ist die Auswahl eines hochwertigen Präparats, die Einhaltung empfohlener Dosierungen sowie die richtige Einnahmeform. Bei Unsicherheiten sollte die Supplementierung immer in Rücksprache mit medizinischem Fachpersonal erfolgen.
Literaturangaben
[1] Prasad, A. S. (2008). Zinc in human health: effect of zinc on immune cells. Molecular Medicine, 14(5-6), 353–357. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/18385818/
[2] Powell, S. R. (2000). The antioxidant properties of zinc. The Journal of Nutrition, 130(5S Suppl), 1447S–1454S. https://doi.org/10.1093/jn/130.5.1447S
[3] Wessels, I., & Rink, L. (2020). Micronutrients in autoimmune diseases: possible therapeutic benefits of zinc and vitamin D. Journal of Nutritional Biochemistry, 77, 108240. https://doi.org/10.1016/j.jnutbio.2019.108240
[4] Haase, H., & Rink, L. (2009). Functional significance of zinc-related signaling pathways in immune cells. Annual Review of Nutrition, 29, 133–152. https://doi.org/10.1146/annurev-nutr-033009-083312
[5] Bao, B., & Prasad, A. S. (2013). Zinc modulates mRNA levels of cytokines. American Journal of Clinical Nutrition, 97(2), 304–312. https://doi.org/10.3945/ajcn.112.049924
[6] Foster, M. & Samman, S. (2012). Vegetarian diets across the lifecycle: Impact on zinc intake and status. Advances in Food and Nutrition Research, 65, 93–131.
[7] Foster, M. & Samman, S. (2012). Vegetarian diets across the lifecycle: Impact on zinc intake and status. Advances in Food and Nutrition Research, 65, 93–131.
[8] Hambidge, K. M., Miller, L. V. & Westcott, J. E. (2011). Zinc bioavailability and homeostasis. The American Journal of Clinical Nutrition, 94(2), 286S–290S.
[9] Cochrane. (2024). Zink zur Vorbeugung und Behandlung von Erkältungskrankheiten. https://www.cochrane.org/de/CD014914/ARI_zink-zur-vorbeugung-und-behandlung-von-erkaltungskrankheiten
[10] Hunter, J., Arentz, S., Goldenberg, J., et al. (2021). Zinc for the prevention or treatment of acute viral respiratory tract infections in adults: a rapid systematic review and meta-analysis of randomised controlled trials. BMJ Open, 11(11), e047474. https://doi.org/10.1136/bmjopen-2020-047474
[11] Hemilä, H., & Chalker, E. (2015). The effectiveness of high dose zinc acetate lozenges on various common cold symptoms: a meta-analysis. BMC Family Practice, 16, 24. https://doi.org/10.1186/s12875-015-0237-6
[12] Wang, M. X., Win, S. S., & Pang, J. (2020). Zinc Supplementation Reduces Common Cold Duration among Healthy Adults: A Systematic Review of Randomized Controlled Trials with Micronutrients Supplementation. The American Journal of Tropical Medicine and Hygiene, 103(1), 86–99. https://doi.org/10.4269/ajtmh.19-0718
[13] Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Ausgewählte Fragen und Antworten zu Zink. https://www.dge.de/gesunde-ernaehrung/faq/ausgewaehlte-fragen-und-antworten-zu-zink/
[14] Institute of Medicine (US) Panel on Micronutrients. Zinc. In: Dietary Reference Intakes for Vitamin A, Vitamin K, Arsenic, Boron, etc. Washington (DC): National Academies Press (US); 2001.
[15] Fosmire, G. J. (1990). Zinc toxicity. The American Journal of Clinical Nutrition, 51(2), 225–227.
[16] DiSilvestro, R. A. (2000). Zinc in relation to copper and iron metabolism. The Journal of Nutrition, 130(5S Suppl), 1378S–1381S.
[17] Porter, K. G., et al. (1978). Anaemia and low serum copper during zinc therapy. BMJ, 2(6141), 1549–1551.
[18] Samman, S., et al. (1989). Effect of zinc supplementation on plasma lipoprotein cholesterol and triglycerides in humans. European Journal of Clinical Nutrition, 43(1), 45–48.
[19] Samman, S., et al. (1989). Effect of zinc supplementation on plasma lipoprotein cholesterol and triglycerides in humans. European Journal of Clinical Nutrition, 43(1), 45–48.
[20] EFSA Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies (NDA). (2014). Scientific Opinion on Dietary Reference Values for zinc. EFSA Journal, 12(10), 3844.