Die bekannte Aussage “Du bist, was du isst” fasst das Thema Verdauung eigentlich schon gut zusammen. Doch es gehört noch mehr dazu, denn unsere Verdauung und das daran gekoppelte Wohlbefinden sind ein komplexes Thema. Neben unserer Ernährung spielen einige andere Faktoren eine wichtige Rolle. Lerne hier, auf was Du achten solltest.


Was macht eine gute Verdauung aus?

Was eine gesunde oder gute Verdauung ausmacht, ist zweifelsfrei eine persönliche Einschätzung. Und die meisten von uns haben zumindest eine Vorstellung davon, wie es sein kann, Verdauungsprobleme – seien es Verstopfung, Blähungen oder Durchfall – zu haben. Geruch und Farbe unseres Stuhls sind zentrale Einflussgrößen in der Beurteilung, wie gut die Verdauung funktioniert. Doch nicht nur, was am Ende herauskommt, sondern vor allem, was vorher in den Körper hineingeht, spielt eine entscheidende Rolle. Nahrung in Form von Makronährstoffen, wie FettenKohlenhydraten und Eiweißen (Proteinen), ist wichtig zur Energiegewinnung. Genauso bedeutsam ist aber auch die Versorgung mit Mikronährstoffen wie Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen, die für alle Stoffwechselprozesse im Körper notwendig sind. Insofern müssen wir sowohl unsere Nahrung als auch unseren Stuhl sowie die individuellen Befindlichkeiten (z. B. die Ursache für Blähungen, Durchfall oder Verstopfung) beurteilen, wenn wir über unsere Verdauung sprechen.

Die ausreichende Versorgung mit Nährstoffen und Flüssigkeit ist zentraler Bestandteil einer funktionierenden Verdauung. Denn unser Organismus benötigt Kohlenhydrate (vor allem Ballaststoffe) und Fette zur Energiegewinnung sowie Baustoffe (Aminosäuren), Vitamine, Mineralien und Spurenelemente, um zu gesund zu funktionieren. Die Ursache einer „qualitativen“ Unterernährung, von der häufig ältere Menschen betroffen sind [1], ist die unzureichende Versorgung mit Mikro- und Makronährstoffen.

Aus evolutionärer Sicht ist das Zusammenspiel der unterschiedlichen Abschnitte des Magen-Darm-Traktes, inklusive all seiner Verdauungssäfte, Hormone und Enzyme, tief in der menschlichen Genetik verankert. Durch Lebensmittel, die wir Menschen schon seit hunderttausend Jahren zu uns nehmen [2], kann die Nahrung gut gespalten und im Darm aufgenommen werden. Dass dieser Prozess gut funktioniert, um auch in Zeiten von Nahrungsmangel ausreichend mit Nährstoffen versorgt zu sein, ist für unsere Vorfahren sehr wichtig gewesen. Natürlich ist eine gute Verdauung für uns heutzutage nicht weniger bedeutend. Nur liegt die Herausforderung für die Verdauung und unser Immunsystem eher in einem Nahrungs-Überangebot, hohen Mahlzeitenfrequenzen, hoher Kaloriendichte und ungünstigen Nahrungsmittelkombinationen [3]. Dies sind häufig Ursache für Beschwerden unterschiedlicher Art in Magen und Darm wie Blähungen, Durchfall oder Verstopfung.

Eine gute Verdauung ist essentiell, um unseren Körper mit allen wichtigen Nährstoffen zu versorgen.

So funktioniert unsere Verdauung

Unser Verdauungsprozess beginnt mit der Nahrungsaufnahme im Mund. Dort wird die Nahrung durch das Kauen mechanisch zerkleinert und mit Speichel vermischt. Hier wird bereits ein Enzym (Amylase) zum aufspalten langkettiger Kohlenhydrate (Ballststoffe) ausgeschüttet. Weiter führt der Verdauungsweg über die Speiseröhre in den Magen. Jetzt wird es sauer – und das ist auch gut so. Denn der niedrige pH-Wert der Magensäure sorgt für die Zerstörung krankheitserregender Keime, die Zersetzung des Speisebreis und die Denaturierung von Eiweißen [4]. Hinzu kommen Vorstufen von Enzymen, die durch die Magensäure aktiviert werden und für die Aufspaltung von Eiweißen zuständig sind. Im Dünndarm sorgen nun Gallenflüssigkeit und Bauchspeicheldrüsensekret dafür, dass aus Fett freie Fettsäuren, aus Eiweißen Peptide (kürzere Eiweiße) und freie Aminosäuren sowie aus langkettigen Kohlenhydraten Einfachzucker (Monosaccharide) werden. Die Verdauung dauert insgesamt einige Stunden, bis letztlich die kleineren Bausteine über die Darmwand aufgenommen werden können.

Das Gleichgewicht ist entscheidend

Die Menge, die wir pro Mahlzeit essen (Kaloriendichte) und auch deren Zusammensetzung, also die prozentuale Verteilung von Fett, Eiweiß-, Kohlenhydratgehalt, nehmen Einfluss auf unsere Verdauung. Über verschiedene Rezeptoren („Messfühler“) ist der Körper in der Lage, z. B. die Produktion von mehr Gallenflüssigkeit und Enzymen zur Aufspaltung „anzufordern“. Dies funktioniert, unter anderem, durch die Dehnung des Magens. Je weiter der Magen gedehnt ist, desto mehr Sekret wird produziert. Die Steuerung läuft aber auch über das enterale Nervensystem, also das Nervensystem des Magen-Darm-Traktes sowie über unsere Hormone.

Doch zu große Mengen an Nahrung und häufige Mahlzeiten können unter Umständen nicht ausreichend aufgespalten werden und sind belastend für Darm und Bauchspeicheldrüse [5]. Auch zu viel Protein, beispielsweise in Form eines Eiweißshakes, kann ebenfalls nur schwer verdaulich sein. Die Folge: Findet eine unzureichende Aufspaltung statt, können die Nährstoffe auch nur begrenzt über die Darmwand aufgenommen werden. Ergebnis sind langanhaltende Gärungsprozesse in unserem Darm, da die dortigen Bakterien versuchen, diese Bestandteile zu verstoffwechseln. Das kann zu geruchsintensiven Blähungen, Verstopfung, Durchfall und Essensresten im Stuhl führen und sogar Entzündungsreaktionen oder Fäulnis auslösen [6].

Eine unzureichende Aufspaltung unserer Nahrung kann zu Entzündungsreaktionen oder Fäulnis im Darm führen.

Du bist, was du isst … Aber ist das auch gesund?

Einen bedeutenden Einfluss auf die Verdauung haben natürlich die Lebensmittel, die wir konsumieren: Kohlenhydrate in Form von Zucker oder Nahrungszusatzstoffe, die mit dem Darmmikrobiom, dem Darm und unserem gesamten Organismus interagieren, führen zu einer erhöhten Entzündungsaktivität. Hohe Fettmengen sind Ursache für eine gesteigerte Aktivität des Immunsystems, was als postprandiale Entzündungsreaktion (Entzündungsreaktion nach dem Essen) bezeichnet wird.[7] Diese hält vor allem in der Kombination mit häufigen und fettreichen Mahlzeiten länger an. Letztlich kann eine unausgewogene Ernährung mit vielen gesättigten Fettsäuren, Zucker, Süßstoffen und rotem Fleisch zu einem Ungleichgewicht der Mikroorganismen im Darm (Dysbiose) und damit auch zu Verstopfungen oder Durchfall führen.[8]

Unsere Tipps – Was kann man für eine gute Verdauung tun?

Im Wesentlichen ist es die richtige oder falsche Ernährung, die unsere Verdauung beeinflusst. Insofern kann man mit einer gesunden und für uns Menschen artgerechten, vielfältigen Ernährung einen großen Teil zu einer gesunden Verdauung beitragen. Hier sind einige Tipps, die sich einfach umsetzen lassen:

  • Artgerechte und vielfältige Ernährung: Integriere möglichst viele gesunde pflanzliche Ballaststoffe in deinen Speiseplan und versuche, auch viele unterschiedliche Lebensmittel pro Woche zu dir zu nehmen (Empfehlung: mindestens 30 unterschiedliche Pflanzenarten [9].) Ein Lebensmittel versteht sich als „natürliches“ Produkt, wie Gemüse und Obst – aber auch unterschiedliche Apfelsorten. Nicht aber unterschiedliche Pizzen. 
  • Timing und Frequenz: Unser Biorhythmus gibt eine genetisch programmierte Stoffwechselsituation des Körpers vor, die sowohl für eine gute Verdauung als auch für unsere Gesundheit günstig ist. Ein weiterer Tipp: Es sollte nur während der aktiven Zeit des Biorhythmus (ca. von 07:00 – 19:00) gegessen werden. Ideal sind zudem nicht mehr als 2-3 Mahlzeiten pro Tag.[10]

Eine für den Menschen artgerechte Ernährung ist zentral für eine gesunde Darmflora.

Wie kann ich eine gute Verdauung zusätzlich unterstützen?

Neben einer gesunden, ausgewogenen und ballaststoffreichen Ernährung können wir aber noch mehr für eine gesunde Verdauung tun. Insbesondere die Reduktion von Stress oder der bessere Umgang damit kann hier viel bewirken. Hier unsere besten Tipps:

  • Regelmäßiges Bewegen und Sport haben sowohl einen positiven Einfluss auf unseren Stresspegel als auch auf den Darm und die Verdauung.[11] Bewegung kann auch dabei helfen, Verstopfung vorzubeugen und Blähungen zu lindern.
  • Bewegungspausen am Arbeitsplatz einbauen. Optimal wäre es, sich alle 60 Minuten für eine Minute intensiv zu bewegen, z. B. durch zügiges Treppensteigen (man sollte außer Atem sein). Diese Sitzunterbrechungen dienen nicht nur einer guten Verdauung, sondern  sondern reduzieren auch das Risiko anderer Krankheitsbilder, wie z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen.[12]
  • Entspannungstechniken, wie Meditation, Achtsamkeitstraining, Yoga oder Waldbaden tun ebenfalls gut. Dies lässt sich auf das Training eines bestimmten Teils des Nervensystems zurückzuführen, nämlich das des Parasympathikus. Der Parasympatikus beeinflusst mit der direkten Verbindung zwischen Gehirn und Darm auch unsere Verdauung.[13]
  • Trinken (primär Wasser) ist sehr wichtig für die Verdauung. Die Empfehlung ist, täglich etwa zwei Liter Wasser zu trinken. Allerdings wird die Trinkfrequenz – also wie oft am Tag wir trinken sollten, aktuell diskutiert. Eine geringere Trinkhäufigkeit wird nämlich mit positiven Effekten auf die Gesundheit in Verbindung gebracht.[14]

Was, wenn es mir an der nötigen Disziplin mangelt?

Für alle oben aufgeführten Tipps brauchen wir ein gewisses Maß an Disziplin und Eigeninitiative. Nicht immer gelingt es uns, den Alltag so zu gestalten, dass wir Stress komplett vermeiden können oder uns ausreichend bewegen. Und auch mit der optimalen Ernährung können wir uns nicht immer „anfreunden“ – zu groß ist manchmal der Heißhunger auf ungesunde Ballaststoffe, wie Pizza oder Burger. Aber grundsätzlich gilt: Eine Veränderung ist besser als keine und die kleinste Veränderung erzeugt oft den größten Erfolg.

Füll all diejenigen, deren tägliche Disziplin nicht ganz so ausgeprägt ist, hier ein letzter Tipp: Es gibt spezielle Enzyme, die unsere Verdauung unterstützen und ergänzend eingenommen werden können.[15] Hierbei ist auf ein breites Enzymspektrum zu achten, sowie der Einsatz von Enzymen, die durch Fermentationsprozesse gewonnen wurden.

Literatur:

  1. Rémond, Didier et al. 2015. “Understanding the Gastrointestinal Tract of the Elderly to Develop Dietary Solutions That Prevent Malnutrition.” Oncotarget 6(16): 13858–98.
  2. Stringer, Chris. 2003. “Human Evolution: Out of Ethiopia.” Nature 423(6941): 692–95.”
  3. Myles, Ian A. 2014. “Fast Food Fever: Reviewing the Impacts of the Western Diet on Immunity.” Nutrition Journal 13(1): 1–17.
  4. Hunt R H, Camilleri M, Crowe S E, El-Omar E M, Fox J G , Kuipers E J , Malfertheiner P, McColl K E L, Pritchard D M, Rugge M, Sonnenberg A, Sugano K 2015.
  5. Kosec, Tadeja et al. 2019. “The Influence of Meal Frequency and Timing on Health in Humans: The Role of Fasting.” Sensors (Switzerland) 19(8): 1–19.
  6. DALLAS, D.C. et al. 2017. “Personalizing Protein Nourishment.” Critical Reviews in Food Science and Nutrition 57(15): 3313–31.
  7. Emerson, Sam R et al. 2017. “Magnitude and Timing of the Postprandial Inflammatory Response to a High-Fat Meal in Healthy Adults: A Systematic Review.” Advances in Nutrition: An International Review Journal.

  1. Myles, Ian A. 2014. “Fast Food Fever: Reviewing the Impacts of the Western Diet on Immunity.” Nutrition Journal 13(1): 1–17.
  2. McDonald, Daniel et al. 2018. “American Gut : An Open Platform for Citizen Science Microbiome Research.” 3(3): 1–28. https://doi.org/10.1128/mSystems.
  3. Kosec, Tadeja et al. 2019. “The Influence of Meal Frequency and Timing on Health in Humans: The Role of Fasting.” Sensors (Switzerland) 19(8): 1–19.
  4. Monda, Vincenzo et al. 2017. “Exercise Modifies the Gut Microbiota with Positive Health Effects.” Oxidative Medicine and Cellular Longevity 2017.
  5. Jalayondeja, Chutima et al. 2017. “Break in Sedentary Behavior Reduces the Risk of Noncommunicable Diseases and Cardiometabolic Risk Factors among Workers in a Petroleum Company.” International Journal of Environmental Research and Public Health 14(5): 1–9.
  6. Breit, Sigrid, Aleksandra Kupferberg, Gerhard Rogler, and Gregor Hasler. 2018. “Vagus Nerve as Modulator of the Brain-Gut Axis in Psychiatric and Inflammatory Disorders.” Frontiers in Psychiatry 9(MAR).
  7. Pruimboom, L., and D. Reheis. 2016. “Intermittent Drinking, Oxytocin and Human Health.” Medical Hypotheses 92: 80–83.
  8. Roxas, M. 2008. “The Role of Enzyme Supplementation in Digestive Disorders.” Alternative medicine review 13(4): 307–14.

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