Ein gesunder Darm ist zentral für unsere Gesundheit. Millionen kleiner, unsichtbarer „Mitbewohner“ sind deshalb im Darm tätig, um dafür zu sorgen, dass unser Immunsystem gut funktioniert. Was im Falle einer Fehlbesiedlung zu tun ist, wird Schritt für Schritt erklärt, um das innere Gleichgewicht wiederherzustellen.


Unser Darm – Zentrum des inneren Gleichgewichts

Ein gesunder Darm ist die Basis für unsere Gesundheit. Seine Aufgaben sind weitreichend und gehen deutlich über die Verdauung unserer Nahrung hinaus. Rund 80% aller Immunzellen befinden sich im Darm, der somit eine bedeutende Rolle bei der Abwehr von Krankheiten und der Prägung des Immunsystems spielt. Außerdem werden im Darm eine Vielzahl an körpereigenen Botenstoffen und Vitaminen produziert. Läuft es also im Darm falsch, hat das Auswirkungen auf unterschiedlichste Prozesse im ganzen Körper. Auch unser Lebensstil, Ernährung und Umweltfaktoren spielen eine große Rolle, wenn es um die Darmgesundheit geht.

Die Darmflora ist ein Sammelbegriff für Bakterien, die unseren Darm bewohnen. Diese Darmbakterien sind Mikroorganismen und nicht nur Gäste in unserem Körper. Sie stellen vielmehr einen wesentlichen Teil unseres gesamten Systems, auch Superorganismus genannt, dar. Sie leben von dem, was wir essen und helfen uns bei der Verdauung. Sie stellen wichtige Enzyme her, produzieren eine Vielzahl an Vitaminen und essenziellen Nährstoffen sowie Neurotransmittern.[1] Der Darm ist immer voll besiedelt und je nach Nahrungsangebot ist die eine oder andere Bakteriengruppe präsenter als die andere. Im Zweifelsfall verdrängen sich die unterschiedlichen Darmbakterien gegenseitig.

Beinahe alle Darmbakterien erfüllen eine Aufgabe in diesem kleinen Universum der Darmflora. Sogar krankheitsauslösende Bakterien sind ein Teil davon, nur dürfen sie sich nicht zu stark vermehren und sollten im richtigen Verhältnis zu den anderen Bakterien stehen. Wenn diese in zu hoher Zahl auftreten, reizen sie den Darmtrakt und das Immunsystem, woraus Entzündungen entstehen können. [2] Darmbakterien produzieren selbst nur wenig bis keine essenziellen Nährstoffe. Neben Entzündungskrankheiten werden auch Übergewicht, Bluthochdruck und Arteriosklerose mit einer Fehlbesiedlung der Darmflora in Verbindung gebracht[3] Die Fehlbesiedelung der Darmflora, mit einem zu großen Anteil an bestimmten Bakterienspezies, nennt sich Dysbiose. Vereinfacht könnte man sagen, es gibt die sogenannten „Generalisten“ unter den Bakterienstämmen, die sich von vielen unterschiedlichen Nahrungsmittelbestandteilen ernähren können. Sie sind also sehr flexibel in der Nahrungsmittelauswahl und helfen uns bei der Verdauung. Im Gegensatz zu den Generalisten gibt es auch die „Spezialisten“. Diese Bakterien haben sich auf bestimmte Nahrungsmittelbestandteile spezialisiert. Besonders häufig findet man Spezialisten, die sich in Verbindung mit größeren Mengen an Kohlenhydraten und Ballaststoffen schnell vermehren können.

Ein gesunder Darm ist entscheidend für unser Wohlbefinden.

Was macht eine gesunde Darmflora aus?

Wissenschaftliche Daten zeigen, wie wichtig eine vielfältige und gut regulierte Darmflora ist. Eine Fehlregulation unserer „Mitbewohner“ ist oft Ursache für viele Zivilisationserkrankungen. Die neuzeitliche Ernährung ist stark geprägt von Nahrungsmitteln, die das Wachstum der „Spezialisten“-Bakterien fördern. Dadurch kommt es oft zum Ungleichgewicht zwischen „Spezialisten“ und „Generalisten“. Dieses gilt es immer wieder auszugleichen, um unser Immunsystem zu unterstützen und negative Auswirkungen auf die Gesundheit zu vermeiden. Das kann man z.B. durch eine Darmsanierung tun – am besten kombiniert mit einer gezielten Nahrungsumstellung. Durch eine strikte Umstellung können die „schlechten“ Bakterien „ausgehungert“ werden. Und die nützlichen Darmbakterien haben jetzt die Möglichkeit, sich zu vermehren und mehr und mehr den Darm zu besiedeln. Zusätzlich zu einer Nahrungsumstellung kann man den Aufbau der Darmflora auch durch die Einnahme spezieller probiotischer Bakterienstämme stärken, die für den notwendigen Ausgleich sorgen.

Können Probiotika den Aufbau der Darmflora fördern?

Probiotika sind im Handel sehr verbreitete Produkte und ihr Nutzen ist gut bekannt und erforscht. Es handelt sich dabei um symbiontische Bakterien, die sich in einem „schlafenden Zustand” befinden. Bei Einnahme werden sie aktiviert. Bislang wurde angenommen, dass der Mensch ihr Wirt sei, der Bakterien im Darm unterhält, die bei der Verdauung helfen und z. B. Vitamine produzieren. Heute jedoch begreift man, dass wir einem Superorganismus entsprechen, in dem Bakterien, Viren, Pilze, Eukaryoten und andere Lebewesen als Teil eines Ganzen wohnen.[4] Vieles deutet sogar darauf hin, dass Erkrankungen erst auf der Basis eines Übergewichts von parasitären und pathologischen Bakterien und Viren entstehen können. Probiotika können hier wieder zurück zu einer gesunden Balance führen und den Aufbau der Darmflora unterstützen.[5] Für den Menschen wichtige Bakterien lassen sich grob unterteilen in Stämme, die Milchsäure produzieren (Lactobazillen) und jene, die wichtige Neurotransmitter wie Serotonin, Dopamin oder Acetylcholin, herstellen. Besonders sinnvoll sind Probiotika kombiniert mit Sacchareomyces boulardii, einem probiotischen Pilzstamm. Dieser kann zwar nicht dauerhaft im menschlichen Organismus leben, zeigte aber in Untersuchungen positive Wirkungen auf den menschlichen Organismus, solange er sich dort als Gast aufhält.[6]

Probiotika können dabei helfen, die Darmflora wieder aufzubauen.

Probiotika bei Antibiotikaeinnahme

Gerade auch nach einer Antibiotikaeinnahme ist die zusätzliche und begleitende Einnahme von probiotischen Kulturen sinnvoll und wichtig. Antibiotika werden zur Bekämpfung von bakteriellen Infekten häufig eingesetzt, haben aber leider auch eine Auswirkung auf unsere Darmflora. Ein Problem, das bei der Antibiotikagabe auftreten kann, ist, dass im Nachgang unerwünschte Bakteriengruppen resistenter gegen die Antibiose werden als andere. Nach einer Antibiotikakur vermehren sich diese „schädlichen“ Bakterienkulturen im Darm wesentlich schneller und bilden noch größere, krankmachende Bakterienkolonien, die den „nützlichen“ Bakterien den Platz wegnehmen.[7] Eine Frage, die sich häufig stellt, ist, ab wann man den Aufbau der Darmflora nach Antibiotikaeinnahme starten kann. Im Prinzip muss man damit gar nicht warten, bis die Einnahme des Antibiotikums abgeschlossen ist. Eine Versorgung des Körpers mit nützlichen probiotischen Mikroorganismen kann auch parallel zur Antibiotika-Behandlung laufen und sollte auf jeden Fall mehrere Wochen bzw. Monate im Anschluss fortgeführt werden.

Aufbau der Darmflora durch eine artgerechte Ernährung

Wie bereits erwähnt, können wir eine gesunde Darmflora vor allem durch eine artgerechte Ernährung dauerhaft unterstützen. Grundsätzlich sollte Qualität immer ein Hauptkriterium für die Auswahl an Nahrungsmitteln sein. Biologisch, regional, saisonal und nachhaltig – denn nicht nur welches Nahrungsmittel, sondern in welcher Qualität entscheidet darüber, wie nützlich es für den Körper ist. Alle Funktionen des Körpers benötigen Co-Faktoren in Form von Vitaminen und Mineralstoffen. Das Problem dabei: Seit 50 Jahren geht es mit der Nährstoffdichte in unseren Nahrungsmitteln kontinuierlich bergab. Der Gehalt an Kalium, Mangan, Zink, Kupfer, Magnesium, Calcium und Eisen in Gemüse, Beeren, Äpfeln und Getreide ist im Zeitraum zwischen 1970 und 2000 stetig gesunken.[8] Das macht sich auch auf unseren Tellern bemerkbar: Im Gehalt an Vitaminen und Mineralien gibt es zwar keinen signifikanten Unterschied zwischen konventioneller und biologischer Landwirtschaft – ein Ergebnis, mit dem die wenigsten gerechnet haben – jedoch bringen biologisch angebaute Nahrungsmittel, die saisonal und regional geerntet werden, viele andere Vorteile mit sich.[9] Sie bieten zum Beispiel einen höheren Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen und einen um bis zu 69% höheren Gehalt an Antioxidantien.[10] Aber alleine die Tatsache, dass sie nicht mit Pestiziden belastet sind, macht sie bereits deutlich gesünder als konventionelle Nahrungsmittel.[11]

Eine für den Menschen artgerechte Ernährung ist zentral für eine gesunde Darmflora.

Mit welchen Lebensmitteln kann ich meine Darmflora unterstützen?

Gemüse und Früchte

Es kann hilfreich sein, die drei unterschiedlichen Pflanzengruppen vor Augen zu haben: 

  • Die eine Pflanzengruppe hat einen giftigen Kern und leckeres Fruchtfleisch, welches grundsätzlich für den Menschen gesund ist. Beispiele hierfür sind Äpfel und Birnen. 
  • Die zweite Pflanzengruppe hat eine harte ungenießbare Schale und einen leckeren, gut geschützten Kern. Dazu zählen alle Nussfrüchte.
  • Die dritte Gruppe schützt ihre Samen mit Giften, damit sie nicht gefressen werden. Diese Samen sind auch für den menschlichen Körper ungesund, wie etwa Getreide, Hülsenfrüchte und alle Samen.

Bei jedem Gemüse und Obst ist die Qualität entscheidend. Wenn möglich, sollte in Bio-Qualität eingekauft werden. Achtet man darauf, welches Gemüse aus der Region kommt, kann man sicher gehen, dass es auch Saison hat. Regionales und saisonales Gemüse und Obst ist nicht nur geschmacklich, preislich und ökologisch, sondern auch gesundheitlich importiertem Gemüse/Obst vorzuziehen. Wurzelgemüse wie Karotte, Rote Beete, Pastinake oder Petersilienwurzel haben einen besonders positiven Effekt auf die Darmflora.

Salate und Kräuter

Es bietet sich an, immer eine Auswahl an frischen Kräutern zuhause zu haben, um sie unter das gekochte Essen oder Salate zu mischen. Hier eignen sich z. B. 

  • Petersilie
  • Dill
  • Basilikum
  • Minze etc.

Besonders auch getrocknete Gewürze können abwechslungsreich genutzt werden, um Einseitigkeit zu vermeiden, da jedes Gewürz seine eigene Wirkung hat.


Eiweiß

Tierische Lebensmittel sind gesund, wenn das Tier auch artgerecht ernährt und aufgezogen wurde. Vor allem Meerestiere sind hier zu empfehlen, sofern sie aus nachhaltigem Fischfang stammen. Tiere, die von Heu und Gras ernährt wurden, sind artgerecht, mit Silage gefütterte Tiere wiederum nicht.

Folgende sind gesunde eiweißhaltige Lebensmittel und sollten bewusst in guter Qualität eingekauft werden:

  • Fisch
  • Fleisch (in Maßen)
  • Eier 
  • Nüsse


Fette und Öle

Besonders gesunde und bekömmliche Fettquellen – auch für unseren Darm – sind:

Hier ist hohe Qualität ebenfalls empfehlenswert. Gutes Olivenöl erkennt man z.B. daran, dass es in einer dunklen, möglichst lichtgeschützten Flasche verkauft wird. Es sollte die Bezeichnung „Natives Olivenöl extra virgine“ tragen und im Geschmack etwas bitter, fruchtig und scharf sein. Nur dann sind die wertvollen Polyphenole im Öl enthalten.

Getränke

Wasser sollte den Großteil der Flüssigkeitszufuhr über den Tag ausmachen. Kaffeeliebhaber tun ihrem Darm Gutes, wenn sie auf einen mäßigen Konsum (ca. 4 Tassen am Tag) achten. Teesorten können immer wieder abgewechselt werden, da jede Pflanze ihre eigene Wirkung im Körper entfaltet. Fruchtsäfte oder Softdrinks sind aufgrund des hohen Zuckergehalts und der häufigen Zusatzstoffe nicht zu empfehlen.

Fazit:

Ein gesunder Lebensstil ist gut für unseren Darm.

Insgesamt gesehen, ist unser Darm mit all seinen „Bewohnern“ ein komplexer Superorganismus, der unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden maßgeblich beeinflusst. Gerade deshalb ist es sinnvoll, sich um sein inneres Gleichgewicht zu kümmern und den Aufbau einer gesunden Darmflora bewusst zu unterstützen. Das geht am besten durch einen artgerechten Lebensstil, zu dem neben einer gesunden Ernährung mit frischen Lebensmitteln auch Sport und Bewegung sowie die psychische Gesundheit gehören. Unser Darm wird es uns danken.

Literatur:

  1. Berger, M. et al. The Expanded Biology of Serotonin. Annu. Rev. Med. 60, 355–366 (2009).
  2. Dominguez-Bello, M. G. et al. Temporal variability is a personalized feature of the human microbiome. PLoS One 10, 1–14 (2015).
  3. Carrera-Bastos, P. et al. The western diet and lifestyle and diseases of civilization. Res. Reports Clin. Cardiol. 2, 15 (2011).
  4. Eberl, G. A new vision of immunity: homeostasis of the superorganism. Mucosal Immunol. 3, 450–460 (2010).
  5. Tsai, Y.-L. et al. Probiotics, prebiotics and amelioration of diseases. J. Biomed. Sci. 26, 3 (2019).
  6. Stier, H. & Bischoff, S. C. Influence of saccharomyces boulardii CNCM I-745 on the gut-associated immune system. Clinical and Experimental Gastroenterology 9, 269–279 (2016).

  1. Spreadbury, I. Comparison with ancestral diets suggests dense acellular carbohydrates promote an inflammatory microbiota, and may be the primary dietary cause of leptin resistance and obesity. Diabetes. Metab. Syndr. Obes. 5, 175–189 (2012).
  2. Ekholm, P. et al. Changes in the mineral and trace element contents of cereals, fruits and vegetables in Finland. J. Food Compos. Anal. 20, 487–495 (2007).
  3. Olkin, I. et al. Are Organic Foods Safer or Healthier Than Annals of Internal Medicine Are Organic Foods Safer or Healthier Than Conventional Alternatives? Ann. Intern. Med. 157, 348–366 (2012).
  4. Ren, H. et al. Antioxidative and antimutagenic activities and polyphenol content of pesticide-free and organically cultivated green vegetables using water-soluble chitosan as a soil modifier and leaf surface spray. J. Sci. Food Agric. 81, 1426–1432 (2001).
  5. Lu, C. et al. Organic diets significantly lower children’s dietary exposure to organophosphorus pesticides. Environ. Health Perspect. 114, 260–263 (2006).

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