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Die potenziell schützende Rolle von Lactoferrin bei Atherosklerose

Herz- Kreislauf- Erkrankungen sind weltweit eine der Hauptursachen für eine erhöhte Morbidität und Mortalität und stellen eine immense gesundheitliche als auch volkswirtschaftliche Belastung dar. Viele Erkrankungen, wie Schlaganfall, Bluthochdruck, Herzinsuffizienz, Venenerkrankungen sowie die koronare Herzkrankheit, die zu einem Herzinfarkt führen kann, gehen auf das Krankheitsbild der Atherosklerose zurück [1].

Die Atherosklerose entsteht unter anderem durch die krankhafte Einlagerung von Cholesterinestern und anderen Fetten in die innerste Wandschicht der arteriellen Blutgefäße (Endothel). In Verbindung mit einer hämodynamischen Belastung des Endothels durch Bluthochdruck sowie einer Dysfunktion der Endothelzellen kommt es zu einer Proliferation und Migration glatter Muskelzellen in der Gefäßwand sowie zu einer chronischen Entzündungsreaktion. Dies begünstigt die Bildung von Schaumzellen an der Gefäßwand was schließlich zur Bildung atheromatöser Plaques, Einengung des Gefäßlumens und Entstehung von Thromben führt, die zu akuten Gefäßverschlüssen führen können [2]. Daher ist es umso wichtiger, frühzeitig präventive Möglichkeiten auszuschöpfen und zu fördern [3].

Lactoferrin ist ein natürlich vorkommendes Glykoprotein, welches hauptsächlich in der immunstärkenden Muttermilch und im Kolostrum vorkommt. Außerdem kommt es auch in zahlreichen Körpersekreten, Schleimhäuten sowie in neutrophilen Granulozyten (Abwehrzellen) vor. Lactoferrin wird in der Forschung auf diverse potenzielle gesundheitliche Vorteile hin untersucht, einschließlich seiner Rolle bei der Prävention von Atherosklerose [4].

Das Glykoprotein Lactoferrin zeigt antibakterielle und antivirale Eigenschaften auf. In Forschungskreisen wird Lactoferrin als bedeutender Faktor bei Herz- Kreislauf- Erkrankungen verfolgt [4]:

Lactoferrin als prognostischer Marker und in der Diagnostik

Das körpereigene (endogene) Lactoferrin, gemessen im Blutserum, wird mit einem erhöhten Risiko einer Atherosklerose assoziiert. Epidemiologische Studien ergaben, dass der endogene Lactoferrin-Spiegel auch mit dem Schweregrad der Koronarstenose und dem Risiko kardiovaskulärer Ereignisse verbunden ist [5].

In einer klinischen Studie von Videm et al. zeigte sich, dass die Lactoferrin-Blutspiegel bei Patienten mit signifikanter Koronarstenose höher waren als bei Patienten ohne signifikante Koronarstenose. In einer weiteren Studie konnte gezeigt werden, dass ein höherer zirkulierender Lactoferrin-Spiegel mit einem höheren Risiko für eine tödliche ischämische Herzerkrankung einherging [5].

Zudem deuten Forschungsergebnisse darauf hin, dass der zirkulierende Lactoferrin-Spiegel und spezifische Lactoferrin-Gen-Polymorphismen mit dem Atherosklerose-Risiko assoziiert sind und dass Lactoferrin möglicherweise ein neuartiger Marker für Atherosklerose ist; der prädiktive Wert von Lactoferrin bei Atherosklerose und Atherosklerose-bezogenen Erkrankungen muss jedoch noch größer angelegten Studien überprüft werden [6].

Darüber hinaus wurde Lactoferrin auch bei der Herstellung von Kontrastmitteln für die Magnetresonanztomographie (MRT) eingesetzt. Hier zeigte sich das Kontrastmittel mit Lactoferrinzusatz potenziell überlegen für den diagnostischen Nachweis der Atherosklerose [4].

Verbesserter Cholesterinstoffwechsel

Bovines Lactoferrin kann das „gute Cholesterin“, den HDL-Spiegel (High-Density-Lipoprotein) im Plasma erhöhen und gleichzeitig den Spiegel des „schlechten Cholesterin und Fetten“, also Tricylglyceriden, Cholesterin, nicht veresterten Fettsäuren und hepatischen Cholesterin reduzieren. Der zugrunde liegende Mechanismus ist noch nicht bekannt [7].

Die Cholesterin-Homöostase kann ebenfalls durch bovines Lactoferrin verbessert werden. Diese wird in Leber und Dünndarm reguliert, wobei die Aufgabe der Leberzzellen (Hepatozyten) darin besteht, Cholesterin in Gallensäuren umzuwandeln. Diese werden anschließend von Epithelzellen im Dünndarm resorbiert. Tierstudien haben gezeigt, dass bovines Lactoferrin diesen Prozess fördern kann, indem mehr Gallensäuren ausgeschieden werden und parallel dazu Cholesterinwerte in der Leber gesenkt werden sowie Folgen der Atherosklerose gemildert werden [8,9].

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bovines Lactoferrin den Cholesterinstoffwechsel verbessern könnte, indem es die Cholesterinsynthese und -absorption verringert und die Ausscheidung von Cholesterin erhöht.

Hemmung der Schaumzellbildung

Schaumzellen entstehen aus Makrophagen (sogenannte „Fresszellen“), die unkontrolliert unter anderem zellmodifiziertes LDL (Low- Density- Lipoprotein) aufnehmen und Cholesterinester akkumulieren. Bovines Lactoferrin kann wohlmöglich mit zellmodifiziertem LDL, speziell mit Acetyl-LDL, interagieren und dessen negative Ladung neutralisieren und somit die Bindung an Makrophagen hemmen. So könnte die Bildung der potenziell gesundheitsschädlichen Schaumzellen reduziert werden [10].

Bindung an fortgeschrittene Glykierungsendprodukte (AGEs)

AGEs können die Produktion von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) fördern, den NF-κB-Signalweg aktivieren und die Expression von VCAM-1 stimulieren. Diese Vorgänge können unter anderem zu mikrovaskulären Erkrankungen (z.B. Retinopathie, einer Erkrankung der Netzhautgefäße) führen [4].

In einer Studie wurde festgestellt, dass Lactoferrin an AGEs binden und mit AGE-Liganden interagieren kann, wodurch die anschließende intrazelluläre Signaltransduktion beeinflusst wird. Dieser Befund deutet darauf hin, dass Lactoferrin indirekt an der Pathogenese atherosklerotischer Erkrankungen beteiligt sein könnte, indem es auf AGEs reagiert [4].

Senkung des Homocystein- und Leptinspiegels

Die Aminosäure Homocystein ist ein wichtiger Marker im Blut für das Fortschreiten der Atherosklerose.  Ein erhöhter Wert ist mit atherosklerotischen Läsionen und einer beschleunigten Plaque-Bildung assoziiert. Im Gegensatz dazu kann eine Senkung des Markers präventiv gegen Herz-Kreislauferkrankungen wirken [4].

Leptin, ein Hormon zur Steuerung des Hunger- und Sättigungsgefühls, wird von Adipozyten („Fettspeicher“) produziert und stimuliert auch vaskuläre Entzündungen sowie oxidativen Stress [4].

Klinische Tierstudien von Nozari et al. bestätigen, dass die orale Einnahme von bovinem Lactoferrin beide Marker senken kann, was ein wichtiger Mechanismus für die Wirkung von Lactoferrin auf die Entstehung der Atherosklerose sein kann [11].

Entzündungshemmende Funktion

Lactoferrin ist bekannt für seine entzündungshemmende Wirkung. Entzündungen wiederum spielen eine zentrale Rolle bei der Atheroskleroseentstehung. Eine Reihe von Entzündungsfaktoren (Monozyten-Chemoattractant-Protein-1, IL-8, ICAM-1, VCAM-1, Selektin) fungieren als Lockstoffe für verschiedene Immunzellen, die an das Endothel von Arterienwänden binden und eine chronische Entzündungsreaktionen auslösen. Zahlreiche Studien berichten, dass bovines Lactoferrin übermäßige Entzündungsreaktionen durch verschiedene immunmodulatorische Maßnahmen hemmen könnte [12].

Antioxidative Funktion

Oxidativer Stress wird durch ein Ungleichgewicht zwischen der Erzeugung von reaktiven Sauerstoffspezies und den antioxidativen Abwehrsystemen ausgelöst. Erhöhter oxidativer Stress kann Entzündungsreaktionen, Oxidation von LDL-Cholesterin (,,schlechtem Cholesterin"), endotheliale Dysfunktion und Kollagenablagerungen auslösen und so zur Entstehung oder zum Fortschreiten eines Atherosklerose maßgeblich beitragen [4].

Diese Forschungsergebnisse zeigen vielversprechende Ansätze für die weitere Forschung und innovative therapeutische Ansätze.

Quellen

1. Frostegård, J. Immunity, atherosclerosis and cardiovascular disease. BMC Medicine vol. 11 Preprint at https://doi.org/10.1186/1741-7015-11-117 (2013).

2. Badimón, L., Vilahur, G. & Padró, T. Lipoproteins, Platelets, and Atherothrombosis. Revista Española de Cardiología (English Edition)62, 1161–1178 (2009).

3. Roth, G. A. et al. Global Burden of Cardiovascular Diseases and Risk Factors, 1990-2019: Update From the GBD 2019 Study. Journal of the American College of Cardiology vol. 76 2982–3021 Preprint at https://doi.org/10.1016/j.jacc.2020.11.010 (2020).

4. Chen, C., Lu, M., Zhang, Z. & Qin, L. The role of lactoferrin in atherosclerosis. BioMetals Preprint at https://doi.org/10.1007/s10534-022-00441-1 (2022).

5. Videm, V., Wiseth, R., Gunnes, S., Madsen, H. O. & Garred, P. Multiple inflammatory markers in patients with significant coronary artery disease. Int J Cardiol118, 81–87 (2007).

6. Videm, V., Dahl, H., Wålberg, L. E. & Wiseth, R. Functional polymorphisms in the LTF gene and risk of coronary artery stenosis. Hum Immunol73, 554–559 (2012).

7. Takeuchi, T., Shimizu, H., Ando, K. & Harada, E. Bovine lactoferrin reduces plasma triacylglycerol and NEFA accompanied by decreased hepatic cholesterol and triacylglycerol contents in rodents. British Journal of Nutrition91, 533–538 (2004).

8. Ling, C. J. et al. Lactoferrin promotes bile acid metabolism and reduces hepatic cholesterol deposition by inhibiting the farnesoid X receptor (FXR)-mediated enterohepatic axis. Food Funct10, 7299–7307 (2019).

9. Ling, C. J. et al. Lactoferrin Alleviates the Progression of Atherosclerosis in ApoE-/- Mice Fed with High-Fat/Cholesterol Diet Through Cholesterol Homeostasis. J Med Food22, 1000–1008 (2019).

10. Kajikawa ’-*, M. et al.Lactoferrin inhibits cholesterol accumulation in macrophages mediated by acetylated or oxidized low-density lipoproteins. Biophysics Acta Biochimica et Biophysics Acta vol. 1213 (1994).

11. Nozari, S. et al. Decreasing serum homocysteine and hypocholesterolemic effects of bovine lactoferrin in male rat fed with high-cholesterol diet. J Cardiovasc Thorac Res10, 203–208 (2018).

12. Lönnerdal, B. Nutritional roles of lactoferrin. Current Opinion in Clinical Nutrition and Metabolic Care vol. 12 293–297 Preprint at https://doi.org/10.1097/MCO.0b013e328328d13e (2009).

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