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Sauerkraut, Kimchi & Co. – Was ist Fermentieren eigentlich?

Fermentierte Produkte sind rund um den Globus sehr beliebt. Die Technik der Fermentation begleitet uns schon seit Millionen von Jahren. Bis heute findet man überall in der Welt fermentiertes Gemüse in den unterschiedlichsten Formen: Sauerkraut in Deutschland, Kimchi in Korea oder Tsukemono und Miso in Japan, sind nur einige der unzähligen Varianten. Warum sind fermentierte Lebensmittel so beliebt?


Warum werden Lebensmittel fermentiert?

Das Wort Fermentation stammt vom lateinischen Verb fermentare, was so viel heißt wie “gären machen, schwellen machen”. Das Fermentieren war während unserer Evolution Teil einer Überlebensstrategie, um Lebensmittel länger haltbar zu machen, geschmacklich zu intensivieren und um sie qualitativ aufzuwerten. Fermentierte Lebensmittel spielen auch heute eine wichtige Rolle bei der artgerechten Ernährung. Sie sind nicht nur lecker, sondern bieten unglaubliche Vorteile für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden.

Arten der Fermentation:

  • Mit Mikroorganismen: Wir nutzen beim Fermentieren häufig Bakterien (z. B. Milchsäurebakterien) oder auch Pilze für die Umwandlung von Lebensmitteln. Diese Mikroorganismen wiederum nutzen spezielle Enzyme, die sie selbst produzieren, um Zucker in andere Stoffe (z. B. Essig- oder Milchsäure) umzuwandeln.
  • Ohne Mikroorganismen: Eine andere Möglichkeit ist die wilde Fermentation, bei der nur Gemüse, ohne die Zugabe von Mikroorganismen, verwendet wird. Denn die Bakterien „sitzen“ im Grunde genommen schon auf dem Gemüse und genügen, um die Fermentation einzuleiten.

Die Natur bei der Arbeit

Es gibt verschiedene Arten von Mikroorganismen, die für die Fermentation zuständig sind:

  • Bakterienfermente (z.B. Sauerkraut, Joghurt)
  • Schimmelfermente (z.B. Käse)
  • Hefefermente (z.B. Kombucha, Sauerteigbrot, Kefir, Bier)

Zur Fermentation kommt es dann, wenn es Mikroorganismen gelingt, in Lebensmittelzellen (zum Beispiel von eingelegten Gemüsen) einzudringen und deren Zellwände zu durchbrechen, um sich selbst mit Nahrung (Zucker) zu versorgen.

Sobald dies geschehen ist, beginnt der Prozess der Umwandlung. Wenn die Bakterien sich schnell vermehren und verbreiten, entsteht in Folge ein stabiles Ökosystem. Pathogene oder schädliche Keime werden daran gehindert, dort einzudringen (Konkurrenzausschlussprinzip). Die Zugabe von Salz, die richtige Fermentations-Temperatur und die anaerobe (ohne Sauerstoff) Umgebung begünstigen diesen Zustand zusätzlich. So können die fermentierten Lebensmittel sicher und lange gelagert werden.

Der Geschmack 

Fermentieren ist aber mehr als reine Konservierung. Durch diesen Prozess werden Konsistenz und Aroma der jeweiligen Lebensmittel verändert und können durch den kreativen Einsatz von Zutaten und Gewürzen in überraschend neuen Variationen präsentiert werden. Fermentierte Lebensmittel verleihen Gerichten einen eigenen, charakteristischen Geschmack – „das gewisse Etwas“, welches die jahrtausendealten Geschmackssinne unserer Gehirne in einer besonderen Art und Weise aktiviert.

Lasse die Bakterien für Dich arbeiten – und genieße die Ergebnisse.

Was kann man fermentieren?

Klassisch wäre, Gemüse der Saison durch Fermentieren für den Winter haltbar zu machen. Prinzipiell sind hier der Fantasie keine Grenzen gesetzt und der Mut zum Experiment wird mit neuen aromatischen Erfahrungen belohnt. Da die Oberflächen des Gemüses bereits Milchsäurebakterien enthalten (vor allem aus biologischem Anbau), braucht es nur wenige Zutaten. 

Am einfachsten können feste Gemüsesorten fermentiert werden, die einen geringen Wassergehalt haben, wie etwa Kraut, Kohl, Karotten, Fenchel oder Rote Bete. Im Prinzip kann aber jedes Gemüse oder Obst genutzt werden. Natürlich gibt es auch unzählige andere Varianten der Fermentation, wie etwa Kombucha (Fermentation mit Scoby, einem symbiotischen Gemisch aus Hefe und Bakterien, das sich von Teein und Zucker ernährt) oder auch Milchprodukte (Joghurt) und sogar Fisch.

Was ist an fermentierten Lebensmitteln gesund und artgerecht?

Ganz einfach: die Bakterien in unserem Darm lieben fermentierte Lebensmittel. Denn wir sind bei weitem nicht allein… Riesige Mengen von Mikroorganismen, wie Bakterien, Viren, Parasiten und Pilzen, leben in und auf unserem Körper, in der Luft oder auf unserer Nahrung. Das Ökosystem Mensch braucht die passende Nahrung, um in Balance zu bleiben

Unseren Darm allein bevölkern eine Vielzahl an unterschiedlichen Bakterienarten, deren Zusammensetzung enorme Auswirkungen auf unseren Ernährungs- und Gesundheitszustand hat. Welche Bakterien in welcher Zahl vorhanden sind, unterliegt ständigen Schwankungen und hat maßgeblich mit der täglichen Nahrung und unserem Lebensstil zu tun. [1]

Wenn hier ein Ungleichgewicht entsteht, kann das zu verschiedensten Symptomen und Krankheitsbildern führen. Vor allem unsere Immunabwehr ist hiervon schnell betroffen [2]. Wer aber regelmäßig fermentierte Nahrungsmittel zu sich nimmt, sorgt für ein stabiles Fundament seines inneren Ökosystems und legt somit den Grundstein für seine Gesundheit. 

Die Vorteile fermentierter Lebensmittel:

  1. Natürliche Gifte und unverträgliche Substanzen werden reduziert [3]
  2. Pathogene (schädliche Mikroorganismen) im Körper werden gehemmt [4]
  3. Lebensmittel werden leichter verdaulich
  4. Antioxidative Prozesse in den Zellen werden unterstützt (Anti-Aging Effekt[5]
  5. Erhöhte Aufnahme von Vitaminen und Mineralien aus der Nahrung [6] [7]
  6. Probiotische Bakterien unterstützen unseren Darm und unser Immunsystem [8]

// Zu 5: Erhöhte Aufnahme von Vitaminen und Mineralien

Wichtige Nahrungsinhaltsstoffe wie Vitamine und Mineralien können zwar in der Nahrung vorhanden sein, vom Körper oft aber nur teilweise aufgenommen werden. Das nennt man dann eine geringe Bioverfügbarkeit, denn sie stehen dem Körper letztendlich nicht zur Verfügung. Durch Fermentieren können diese sogenannten Mikronutrienten wie beispielsweise Eisen [6] und Zink [9] freikommen und so eine wesentlich höhere Bioverfügbarkeit erlangen.

// Zu 6: Probiotische Bakterien für unseren Darm

Der weitere große gesundheitsfördernde Wirkmechanismus beruht auf den „guten Bakterien“, den sogenannten Probiotika, die in den fermentierten Produkten enthalten sind. Diese Wirkung lässt sich wissenschaftlich belegen und ist bei verschiedensten Krankheitsbildern untersucht worden.

Hierzu zählen:

Gut zu wissen:Fermentieren ist wahrscheinlich die schonendste Garmethode, um Substanzen (Goitrogene), welche die Produktion von Schilddrüsenhormonen hemmen, aus Pflanzen wie Kohlgemüse zu entfernen [26].

Ganz allgemein können Probiotika bei geschwächter Immunabwehr [27] und Stress [28] als unterstützende Maßnahme empfohlen werden – und das betrifft, wenn wir ehrlich sind, dann doch die meisten von uns.

Erweitere Dein Ernährungsrepertoire und unterstütze Dein Mikrobiom

Was wird zum Fermentieren benötigt?

Diese Zutaten benötigst Du für die Fermentation von Lebensmitteln:

  • Salz
  • Ein Gefäß mit Deckel
  • Ein Gewicht, um das Ferment nach unten zu drücken

Wie genau wird fermentiert?

Tipps und Tricks für die Fermentation:

  • Achte unbedingt auf eine gründliche Hygiene (Gefäß gründlich und heiß auswaschen und nachspülen), sonst kann Dir das komplette Ferment verfaulen oder verschimmeln. Das wirst Du aber sofort am Geruch erkennen.
  • Benutze keine Metallgefäße! Während der Fermentation wird der Ph-Wert niedriger, was bedeutet, das Ferment wird saurer und Metall kann korrodieren. Das gibt einen unguten Geschmack, eine unschöne Farbe und die Bakterien arbeiten schlechter. Lieber Gefäße aus Glas oder Edelstahl benutzen.
  • Benutze frisches und unbeschädigtes Gemüse. Bio-Gemüse hat den Vorteil, dass es mehr Milchsäurebakterien mitbringt, die den Prozess vorantreiben.
  • Die Verwendung von Jodsalz und Salz mit Rieselhilfen und Trennmitteln sollte vermieden werden.
  • Damit das Gemüse bei der Fermentierung unter Wasser bleibt, sollte man es beschweren, sonst drücken die Gase das Gemüse nach oben. Dort würde es in Kontakt mit Sauerstoff kommen. Bei der anaeroben Fermentation ist es wichtig, dass das Gemüse den ganzen Gärungsprozess über unter Flüssigkeit ist.
  • Behälter sollte an einem dunklen Ort bei ca. <18°C (optimal 10-15°C) abgestellt werden.
  • Je länger das Gemüse fermentiert, umso intensiver wird der Geschmack. Optimal sind 2-3 Wochen.

Was sind einfache Rezepte für die Fermentation?

Rezept: Saure Gurken

Zutaten

  • Glas mit 1 l Füllmenge
  • 1 EL Koriandersamen
  • 1 Stängel Zitronengras, mit dem Messerrücken flachgeklopft
  • 1 daumendickes Stück Ingwer, dünn geschnitten
  • 2 ganze Knoblauchzehen
  • 3 Lorbeerblätter
  • 1 geräucherte getrocknete Jalapeno (optional)
  • 1 EL Probiotikum in Pulverform
  • Kleine Gurken (Bauerngurken / Minigurken), so viele, bis das Glas voll ist
  • 1 l Wasser
  • 35 g Salz

Zubereitung

  1. Erst alle Gewürze und das Probiotikum in das Glas geben, dann das Glas mit den Gurken befüllen.
  2. 1 l warmes Wasser mit 35 g Salz mischen, um eine 3,5 % Salzlake herzustellen. Die Salzlake über die Gurken gießen, so dass sie vollständig bedeckt sind.
  3. Das Glas verschließen und 5 Tage ruhen lassen, bis es geöffnet und probiert werden kann. Es sollte nun schon sauer schmecken.
  4. Nach 5 bis 10 Tagen kann man das Glas kühl lagern. Zwischen 5°C und 15°C sind optimal, also zwischen Kühlschrank- und Kellertemperatur. Im Kühlen wird das Gemüse eher knackig, im Wärmeren entwickeln sich schneller komplexe Umami-Geschmäcker*

umami ist eine zusätzliche Geschmacksrichtung, neben den für uns bekannten Richtungen süß, sauer, bitter und salzig. Es kommt aus dem Japanischen und beschreibt einen herzhaft-intensiven, fleischigen Geschmack.

TIPPS:

  • Diese besondere 3,5%ige Salzlake kann man für verschiedene feste Gemüse nutzen, wie Blumenkohl, Kohlrabi, Möhren, Rote Beete, Rettich usw.
  • Die übrige Flüssigkeit im Einweckglas kann für Salatdressings oder als Marinade verwendet werden
  • Die Verwendung von Jodsalz und Salz mit Rieselhilfen und Trennmitteln sollte vermieden werden.

INFO: Trübe Gurken? – Keine Panik!

Es handelt sich meistens um harmlose Milchsäurebakterien und/oder es entsteht durch den Kalk im Leitungswasser. 

Literatur:

  1. Spreadbury I. Comparison with ancestral diets suggests dense acellular carbohydrates promote an inflammatory microbiota, and may be the primary dietary cause of leptin resistance and obesity. Diabetes, Metabolic Syndrome and Obesity: Targets and Therapy 2012; 5: 175–189.
  2. Belkaid Y, Hand TW. Role of the microbiota in immunity and inflammation. Cell 2014; 157: 121–141.
  3. Bisanz JE, Enos MK, Mwanga JR, Changalucha J, Burton JP, Gloor GB, Reid G. Randomized open-label pilot study of the influence of probiotics and the gut microbiome on toxic metal levels in Tanzanian pregnant women and school children. mBio 2014; 5: e01580-14.
  4. Corr SC, Hill C, Gahan CGM. Chapter 1 Understanding the Mechanisms by Which Probiotics Inhibit Gastrointestinal Pathogens. In: Taylor SL (Hrsg.). Advances in food and nutrition research. Volume 56 1–15. 1st ed. Academic Press, Amsterdam, Boston, 2009.
  5. Verni M, Verardo V, Rizzello CG. How Fermentation Affects the Antioxidant Properties of Cereals and Legumes. Foods 2019; 8.
  6. Scheers N, Rossander-Hulthen L, Torsdottir I, Sandberg A-S. Increased iron bioavailability from lactic-fermented vegetables is likely an effect of promoting the formation of ferric iron (Fe3+). European Journal of Nutrition 2015; 55: 373–382.
  7. Nkhata SG, Ayua E, Kamau EH, Shingiro J-B. Fermentation and germination improve nutritional value of cereals and legumes through activation of endogenous enzymes. Food science & nutrition 2018; 6: 2446–2458.
  8. Yan F, Polk DB. Probiotics and immune health. Current opinion in gastroenterology 2011; 27: 496–501.
  9. Lazarte CE, Vargas M, Granfeldt Y. Zinc bioavailability in rats fed a plant-based diet: a study of fermentation and zinc supplementation. Food & Nutrition Research 2015; 59.
  10. MAJAMAA H, ISOLAURI E. Probiotics: A novel approach in the management of food allergy☆☆☆★★★. Journal of Allergy and Clinical Immunology 1997; 99: 179–185.
  11. Laparra JM, Sanz Y. Interactions of gut microbiota with functional food components and nutraceuticals. Pharmacological research 2010; 61: 219–225.
  12. Hsu R-L, Lee K-T, Wang J-H, Lee LY-L, Chen RP-Y. Amyloid-degrading ability of nattokinase from Bacillus subtilis natto. Journal of agricultural and food chemistry 2009; 57: 503–508.
  13. Correspondence. Atherosclerosis 1998; 137: 437–438.
  14. Selhub EM, Logan AC, Bested AC. Fermented foods, microbiota, and mental health: ancient practice meets nutritional psychiatry. Journal of Physiological Anthropology 2014; 33: 2

  1. Rad AH, Abbasalizadeh S, Vazifekhah S, Abbasalizadeh F, Hassanalilou T, Bastani P, Ejtahed H-S, Soroush A-R, Javadi M, Mortazavian AM, Khalili L. The Future of Diabetes Management by Healthy Probiotic Microorganisms. Current diabetes reviews 2017; 13: 582–589.
  2. Gismondo MR, Drago L, Lombardi A. Review of probiotics available to modify gastrointestinal flora. International Journal of Antimicrobial Agents 1999; 12: 287–292.
  3. Saavedra JM, Bauman NA, Perman JA, Yolken RH, Oung I. Feeding of Bifidobacterium bifidum and Streptococcus thermophilus to infants in hospital for prevention of diarrhoea and shedding of rotavirus. The Lancet 1994; 344: 1046–1049.
  4. Sanz Y, Palma G de. Gut microbiota and probiotics in modulation of epithelium and gut-associated lymphoid tissue function. International reviews of immunology 2009; 28: 397–413.
  5. Hirayama K, Rafter J. The role of probiotic bacteria in cancer prevention. Microbes and Infection 2000; 2: 681–686.
  6. Davis CD, Milner JA. Gastrointestinal microflora, food components and colon cancer prevention. The Journal of nutritional biochemistry 2009; 20: 743–752.
  7. Vesa TH, Marteau P, Korpela R. Lactose intolerance. Journal of the American College of Nutrition 2000; 19: 165S-175S.
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  9. Chang Y-S, Trivedi MK, Jha A, Lin Y-F, Dimaano L, García-Romero MT. Synbiotics for Prevention and Treatment of Atopic Dermatitis: A Meta-analysis of Randomized Clinical Trials. JAMA pediatrics 2016; 170: 236–242.
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  14. Foster JA, McVey Neufeld K-A. Gut-brain axis: how the microbiome influences anxiety and depression. Trends in neurosciences 2013; 36: 305–312.

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