Tau-Impfstoff – Neue Hoffnung in der Alzheimer-Therapie durch Immunmodulation

Der Tau-Impfstoff ist ein vielversprechender experimenteller Therapieansatz zur Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen, insbesondere der Alzheimer-Krankheit. Ziel dieser Impfung ist es, das Immunsystem gezielt gegen pathologisch verändertes Tau-Protein zu richten, das als zentrales Merkmal der Alzheimer-Demenz gilt.

Bei Alzheimer kommt es zu einer übermäßigen Phosphorylierung des Tau-Proteins, wodurch sich neurofibrilläre Tangles (NFTs) innerhalb der Nervenzellen bilden. Diese Ablagerungen blockieren den axonalen Transport, führen zu Zellschäden und fördern den kognitiven Abbau. Die Menge und Verteilung von pathologischem Tau korrelieren oft stärker mit dem Schweregrad der Demenz als Amyloid-Plaques.

Wirkprinzip des Tau-Impfstoffs

Ein Tau-Impfstoff soll das Immunsystem so trainieren, dass es gezielt Antikörper gegen krankhaft verändertes Tau-Protein bildet, ohne dabei gesundes, funktionelles Tau anzugreifen. Zwei Strategien werden aktuell erforscht:

• Aktive Immunisierung: Der Körper wird durch ein Antigen (z. B. Tau-Peptid) dazu angeregt, eigene Antikörper gegen Tau zu produzieren.

• Passive Immunisierung: Es werden vorgefertigte monoklonale Antikörper gegen Tau verabreicht.

Ziel ist es, Tau-Aggregate zu binden, deren Ausbreitung im Gehirn zu verhindern und somit die neurodegenerative Progression zu verlangsamen.

Aktuelle Forschung und klinische Studien

Mehrere Tau-Impfstoffe befinden sich derzeit in der klinischen Erprobung (Phase I und II). Beispiele sind:

• AADvac1: Ein aktiver Impfstoff auf Basis eines synthetischen Tau-Peptids; zeigte in frühen Studien immunologische Wirksamkeit und gute Verträglichkeit.

• ACI-35.030: Ein liposomaler Impfstoff gegen phosphoryliertes Tau, derzeit in Phase-Ib/IIa-Studien.

• Semorinemab & Gosuranemab: Monoklonale Antikörper in passiver Immunisierung, mit bislang gemischten Ergebnissen.

Während einige Ansätze bereits positive Biomarkerveränderungen und kognitive Stabilisierung zeigen, fehlt bislang der eindeutige Beweis für eine klinisch signifikante Krankheitsverlangsamung.

Bedeutung für die Alzheimer-Therapie

Tau-Impfstoffe könnten künftig einen frühen, krankheitsmodifizierenden Therapieansatz darstellen – insbesondere in der präklinischen oder milden Phase der Alzheimer-Demenz. Die gezielte Tau-Immuntherapie ergänzt damit die amyloidgerichteten Strategien und verfolgt einen multifaktoriellen Behandlungsansatz.

Herausforderungen

• Spezifität: Gesunde Tau-Funktionen dürfen nicht beeinträchtigt werden

• Sicherheitsprofil: Übermäßige Immunreaktionen müssen vermieden werden

• Zeitpunkt der Anwendung: Frühzeitige Diagnose ist entscheidend für den Therapieerfolg

Literaturhinweise:

• Novak, P. et al. (2017). "Safety and immunogenicity of the tau vaccine AADvac1 in patients with Alzheimer’s disease: a randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 1 trial." Lancet Neurology.

• Congdon, E. E. & Sigurdsson, E. M. (2018). "Tau-targeting therapies for Alzheimer disease." Nature Reviews Neurology.

• Gauthier, S. et al. (2022). "Tau immunotherapy: from mechanisms to clinical trials." Nature Reviews Drug Discovery.