- 10 March 2021
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Wie können Probiotika mein Immunsystem stärken?
Table of contents
- Long story short: Warum sind Probiotika wichtig für das Immunsystem?
- Bakterien sind nicht gleich Bakterien …
- Wofür brauchen wir Treg-Zellen?
- Wie stärke ich meine Immunabwehr durch Probiotika?
- Kann die Einnahme eines nahrungsergänzenden Präparats nützlich sein?
- Woran erkenne ich gute Probiotika?
- Welche Lebensmittel sind besonders gut für eine ausgeglichene Darmflora?
- Rezept-Inspiration
- Literatur:
Probiotika sind wortwörtlich in aller Munde, denn wir nehmen diese lebenden Mikroorganismen meist über unsere Nahrung oder auch als Nahrungsergänzung zu uns. Aus der aktuellen Forschung geht immer deutlicher hervor, dass probiotische Kulturen einen Effekt auf unterschiedliche Erkrankungen haben und dadurch auch unsere Gesundheit beeinflussen. Doch wie genau wirken Probiotika auf unser Immunsystem?
Long story short: Warum sind Probiotika wichtig für das Immunsystem?
Probiotika unterstützen unseren Körper bei der Ausbildung und Aufrechterhaltung einer gesunden Immunabwehr. Von Geburt an sind wir Mikroorganismen ausgesetzt, die schon beim Geburtsvorgang beginnen, unsere Haut, unseren Mund und den Darm zu besiedeln. Und das ist auch gut so – denn diese Besiedelung ist eine Symbiose, von der beide Seiten etwas haben: Wir bieten einen Lebensraum und profitieren von einer Vielzahl an Aufgaben, die das Mikrobiom für uns übernimmt. Einer der wichtigsten Vorteile für uns ist der Schutz vor krankheitserregenden (pathogenen) Keimen und das Training unserer körpereigenen Abwehr – gerade in der Kindheit. Das Mikrobiom stellt für dieses Training eine Art Sparring-Partner dar, an dem unsere Immunabwehr „reifen“ darf. Dadurch bildet sich nach den ersten Lebensjahren, das sogenannte erworbene oder auch spezifische Immunsystem aus.
Seit einigen Jahren setzt man Bakterien nicht mehr mit Pathogenen (Krankheitserregern) gleich. Vielmehr ist akzeptiert, dass der Großteil der mit uns lebenden Bakterien symbiontischer Natur ist, also mit uns als Wirt in wechselseitigem Einklang lebt. Diese Symbionten begleiten uns von Geburt an bis in hohe Alter. Unsere Flora prägt vorwiegend über den Darm das Profil unseres Immunsystems. Diese Partnerschaft wurde durch viele Jahrtausende Koevolution geschmiedet und zeichnet sich durch einen molekularen Austausch aus. Bakterielle Substanzen kommunizieren mit unserer Immunabwehr und sorgen dafür, dass sie besser in der Lage ist gegen pathogene Keime zu arbeiten – sie wird „robuster“ [1].
Bevor wir aber von dieser gesteigerten Widerstandsfähigkeit profitieren, steht unser spezifisches Immunsystem vor einer riesigen Aufgabe: Es muss einerseits lernen, zwischen körpereigen und körperfremd zu unterscheiden. Gleichzeitig muss es bei der enormen Menge an körperfremden Mikroorganismen eine Toleranz für Symbionten und eine Aggressivität gegen pathogene Keime erlernen. Ist die Toleranz zu groß, besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit, an einer Infektion zu sterben. Ist sie zu gering, steigt die Wahrscheinlichkeit eine Allergie gegen ungefährliche Pollen zu entwickeln. Haben wir ein „gesundes Maß“ dazwischen gefunden, erhöht sich unsere Widerstandsfähigkeit [1].
Wofür brauchen wir Treg-Zellen?
Die sogenannten Treg-Zellen (oder auch regulatorische T-Zellen) gehören zur Gruppe der T-Helferzellen. Sie sind ebenfalls Teil der spezifischen Immunabwehr und bestimmen, wie stark unser angeborenes und spezifisches Immunsystem gegen ein Antigen reagiert. Unsere angeborene Immunabwehr kann nur zwischen körpereigen und körperfremd unterscheiden. Bei körperfremden Bakterien reagiert sie, jedoch wird die Stärke dieser Entzündungsreaktion von den Treg-Zellen kontrolliert. Sie sind also verantwortlich für die Toleranz. Bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, wie Colitis ulcerosa oder auch Morbus Crohn, scheint die überempfindliche Toleranz sogar einen Teil der Erkrankung darzustellen. Unser Mikrobiom hat möglicherweise auch selbst einen direkten Einfluss auf die Toleranz der Treg-Zellen, z.B. durch bakterielle Substanzen. Dies würde erklären, warum es unser Immunsystem überhaupt zulässt, dass uns Bakterien besiedeln können [1].
Wie stärke ich meine Immunabwehr durch Probiotika?
Deine körpereigene Abwehr kann gestärkt werden, wenn Du in Harmonie mit Deinem Mikrobiom lebst und dort eine gesunde Balance herrscht. Dieses ausgewogene Zusammenleben fördert die körperliche Widerstandsfähigkeit. verringert das Krankheitsrisiko, stärkt das Gleichgewicht der physiologischen Körperfunktionen (Homöostase) und kann in einigen Fällen sogar therapeutisch genutzt werden [2]. Um eine solche Harmonie zu erreichen, benötigt man ein ausgewogenes Verhältnis unter den Darmbakterien – also eine vielfältige Darmflora. Die Vielfalt unserer Darmflora wird vorwiegend durch unsere Nahrung und die darin enthaltenen Pflanzenstoffe sowie deren Ballaststoffgehalt bestimmt [3].
Viele probiotische Bakterien in der Darmflora, sorgen für die „Entlastung“ des Immunsystems, denn sie unterstützen es bei der Abwehr von Pathogenen. Bei einem Ungleichgewicht in der Darmflora, also weniger guten Bakterien und mehr Pathogenen, sprechen wir von einer Dysbiose. Diese ist mit einer schlechten Immunfunktion sowie einem gestiegenen Maß an Entzündung im Körper assoziiert [4]. Hinzu kommt eine gesteigerte Anfälligkeit für Magen-Darm-Infekte, Infektionen im Allgemeinen, Immunerkrankungen und oxidativen Stress [5].
Doch nicht nur Nahrung und die darin enthaltenen Ballaststoffe, Mikronutrienten und aktiven Pflanzenstoffe haben einen Einfluss auf unser Mikrobiom, sondern Vieles mehr, wie z. B.:
Kann die Einnahme eines nahrungsergänzenden Präparats nützlich sein?
Ja, die Einnahme eines ergänzenden probiotischen Präparats kann durchaus sinnvoll sein. Vor allem, wenn Du es nicht schaffst, die Vielfalt an guten Bakterien über die Nahrung abzudecken. Oder wenn diese aufgrund einer Antibiotika-Therapie oder einer bestimmten Krankheit eingeschränkt wird.
Zahlreiche Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose, Diabetes Typ 1, Rheumatoide Arthritis, Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, resultieren aus einer Dysregulation der spezifischen Immunabwehr. Diese Krankheitsbilder nehmen in der westlichen Gesellschaft rapide zu. Dies weist auf eine Veränderung von Umweltfaktoren hin, die unsere spezifische Immunabwehr regulieren. Moderne Ernährungsgewohnheiten oder stark verbreiteter Antibiotika-Einsatz führen in gut entwickelten Ländern zu einer unnatürlichen Verschiebung zwischen uns und unserem Mikrobiom. Die dadurch bedingte Dysbiose steht aktuell unter Generalverdacht für die Entwicklung vieler Erkrankungen. Aus diesem Grund hat die Forschung auf dem Gebiet der Probiotika in den letzten Jahren stark zugenommen. Erstaunlicherweise konnte in verschiedenen Mausexperimenten eine lindernde bis heilende Wirkung für viele Erkrankungen gezeigt werden [11].
Auch beim Menschen konnten probiotische Kulturen in Bezug auf einige Krankheiten eine nachweislich positive Wirkung erzielen. Hierzu zählen, z. B.
- Durchfallerkrankungen, wie Antibiotika assoziierter Durchfall, akuter Durchfall, Clostridium difficile assoziierter Durchfall
- Helicobakter pylori Infektionen (z. B. verantwortlich für chronische Magenentzündung,
- Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre und sogar Tumore im Magen-Darm-Bereich)
- Leichte bis mäßige Colitis ulcerosa
- Koliken und nekrotisierende Enterocolitis (schwere Entzündung der Darmwand) bei Kindern und Neugeborenen-Sepsis
Hinzu kommt eine Vielzahl an Studien, Reviews und Metanalysen in Bezug auf die metabolischen Effekte von Präbiotika und Probiotika. Diese zeigen Verbesserungen auf den Blutzuckerhaushalt, die Entzündungswerte sowie die Blutfettprofile [10].
Woran erkenne ich gute Probiotika?
Gute Präparate enthalten probiotische Bakterien-Stämme von möglichst etablierten Herstellern. Diese Hersteller achten auf eine Qualitätskontrolle und berücksichtigen die landesspezifischen regulatorischen Aspekte. Es gibt unglaublich viele probiotische Bakterien, die sehr unterschiedliche Aufgaben für uns übernehmen. Daher ist es gar nicht so einfach, sich in der Welt der Probiotika als Laie zurecht zu finden. Wichtig zu wissen ist, dass für Forschungszwecke immer ganz bestimmte, meist gezüchtete und damit „standardisierte“, probiotische Bakterienstämme zum Einsatz kommen. Diese erkennt man meist daran, dass hinter ihrem Namen noch ein Code angehangen ist, wie z. B. bei Lactobacillus rhamnosus Rosell-11 ND oder Bifidobacterium longum Rosell-175. In diesem Zusammenhang kann man nach Studien suchen, in welchen genau dieser Typ eingesetzt wurde.
Des Weiteren spielt die Verkapselung der Probiotika eine große Rolle, da sich die Kapsel nicht bereits im Magen auflösen soll. Systeme wie Probiocap® verhindern, dass ein Großteil der Mikroorganismen von der Magensäure zersetzt werden, bevor sie an ihren eigentlichen Wirkungsort gelangt sind.
Welche Lebensmittel sind besonders gut für eine ausgeglichene Darmflora?
Für unsere symbiontischen Darmbakterien sind bestimmte Rahmenbedingungen wichtig. Ohne diese können sich die guten Bakterien sehr wahrscheinlich auch nicht im Darm ansiedeln. Deshalb hat unsere Ernährung als „Lebensgrundlage“ für unser Mikrobiom einen entscheidenden Einfluss auf dessen Zusammensetzung [12]. Besonders ein hoher Ballaststoffgehalt und fermentierte Nahrungsmittelliefern einen guten Nährboden für die Darmbakterien.
Nahrungsmittel mit einer nachgewiesenen probiotischen Wirkung auf das Mikrobiom sind beispielsweise:
- Äpfel [13]
- Granatäpfel [14]
- Heidelbeeren [15]
- Schwarze Johannisbeeren [16]
- Mandeln [17]
- Pistazien [17]
- Walnüsse [18]
- Kimchi [19]
- Rotwein [20]
- Kakao [21]
- Kaffee [23]
Viel Obst und Gemüse in den Speiseplan zu integrieren ist grundsätzlich gut, um die Darmflora positiv zu beeinflussen. Als besonders ballaststoffreich gelten jedoch:
- Spargel
- Knoblauch
- Zwiebel
- Topinambur
- Honig
- Banane
- Tomate
- Honig
- Zichorienwurzel
- Topinambur
- Agave
- Knoblauch
- Jicama
- Yacon-Wurzel
- Bananen
- frische Kräuter
- Leinsamen
- Mohn
- Sellerie
- Macadamia
- Mandeln
- Pistazien
- Himbeeren
- Haselnüsse
- Walnüsse
- Blaubeeren
- Schwarze Johannisbeeren
- Brombeeren
- Rote Johannisbeeren
- Rosenkohl
- Pastinake
- Brokkoli
- Grünkohl
- Fenchel
- Möhren
- Paprika
Weniger verbreitete Quellen sind Löwenzahnwurzel, Sonnenhut, Klettenwurzel und Kamaswurzel.
Rezept-Inspiration
Literatur:
- Sanders, Merenstein, Reid, Gibson, & Rastall, 2019
- Lee & Mazmanian, 2010
- Lee & Mazmanian, 2010
- Lee & Mazmanian, 2010
- Sanders u. a., 2019
- Hansen, o. J.
- Jiang u. a., 2015
- Yoo & Kim, 2016
- Ziȩtak u. a., 2016
- Allen u. a., 2017
- Wong u. a., 2016
- Rea, Dinan, & Cryan, 2016; Zaneveld, McMinds, & Thurber, 2017
- Sanders u. a., 2019
- Sanders u. a., 2019
- Sanders u. a., 2019
- Sanders u. a., 2019
- Sanders u. a., 2019
- Lee & Mazmanian, 2010
- Sanders u. a., 2019
- Thursby & Juge, 2017)(Kashtanova u. a., 2016
- Shinohara, Ohashi, Kawasumi, Terada, & Fujisawa, 2010
- Li u. a., 2015
- Vendrame u. a., 2011
- Molan, Liu, & Plimmer, 2014
- Ukhanova u. a., 2014
- Ukhanova u. a., 2014
- Nakanishi u. a., 2016; Byerley u. a., 2017
- Han u. a., 2015
- Moreno-Indias u. a., 2016; Queipo-Ortuño u. a., 2012
- Tzounis u. a., 2011
- Jaquet, Rochat, Moulin, Cavin, & Bibiloni, 2009